Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrummit dem Förderschwerpunkt Schüler in längerer Krankenhausbehandlung am Universitätsklinikum Tübingen
Von der Entstehung bis heute
Bereits in den 50er und 60er Jahren waren immer wieder Lehrerinnen und Lehrer in den einzelnen Abteilungen der Universitätsklinik tätig: In der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Kinderklinik und auch der Kinderorthopädie. Aber diese arbeiteten jede und jeder für sich, zum Teil ohne Kenntnis voneinander, eingebunden in die Hierarchie der jeweiligen Klinik. So unterrichtete in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zunächst ein Diplompsychologe, der auch die Lehrbefähigung für Volksschulen besaß. Als dieser als Professor an die Pädagogische Hochschule Reutlingen wechselte, folgte ebenfalls ein Diplompsychologe mit Lehrbefähigung nach. Diese hielten am Vormittag Unterricht und gingen am Nachmittag ihrem Hauptberuf nach.
Im August 1971 kam als erste ausgebildete Sonderschullehrerin eine Kollegin mit dem Hauptfach Körperbehindertenpädagogik an die Kinderorthopädie. Von Klinikschule noch keine Spur, dienstrechtlich war die Kollegin im Universitätsklinikum eingebunden, die Fachaufsicht lag beim Staatlichen Schulamt Tübingen.
Nachfolgend erhielt auch die Kinderklinik eine Lehrerin. Jetzt gab es also drei Lehrkräfte, jede an ihrem Platz: Aber das war noch keine Schule!
Dann ging alles rasend schnell.
Im Verlauf des Jahres 1973 wurden vier Sonderschullehrer an Kliniken innerhalb des Universitätsklinikums versetzt. Ab Frühjahr 1974 wurde auch die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik in die kontinuierliche unterrichtliche Versorgung miteinbezogen. Schließlich wurde am 29. Mai 1974 Herr Peter Kurz als Sonderschulrektor der „Klinikschule Tübingen“ eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt gab es folgende Schulstellen: Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinderklinik, Kinderchirurgie, Kinderorthopädie und Berufgenossenschaftliche Unfallklinik (BGU). Schüler in der Hautklinik und der Medizinischen Klinik wurden von der Kinderklinik aus versorgt.
Jetzt gab es also eine Schule!
Während jedoch die BGU über ein stattlich eingerichtetes Schulzimmer verfügte, die Kinder- und Jugendpsychiatrie und die Kinderklinik mit bescheidenen Schulräumen aufwarteten und in der Kinderorthopädie zumindest Schränke für die Aufbewahrung der Unterrichtsmaterialien vorhanden waren, gab es in der Kinderchirurgie schlichtweg nichts!
Ein kreativer Kollege funktionierte in dieser Not ein Nachtschränkchen zu einem mobilen Mehrzweckfahrzeug um, in dem die wesentlichen Unterrichtsmaterialien einsatzbereit lagerten und zog damit von Bett zu Bett, vergleichbar den Essens- und Getränkeverkäufern in den alten D-Zügen der Bundesbahn, die mit ihrem Wägelchen von Abteil zu Abteil zogen.
Mit der siebten Lehrerstelle im Sommer 1975 wurde dann auch die Stelle eines Konrektors notwendig, die im Jahre 1978 eingerichtet wurde.
Seit 1981 werden auch Gymnasiallehrkräfte eingesetzt für die Fächer Englisch, Französisch, Deutsch, Latein, Mathematik, Physik und Chemie für Schüler der Klassenstufen
8 – 12.
Ein völlig neues Tätigkeitsfeld erschloss sich durch das vom Verein für Psychoanalytische Sozialarbeit Tübingen e.V. gegründete Therapeutische Heim in Rottenburg. In dieser zur damaligen Zeit einzigartigen Institution in Deutschland wurden Kinder und Jugendliche aufgenommen, die aufgrund ihrer schweren psychischen Erkrankungen durch alle schulischen und sozialen Netze fielen. Seit August 1980 wurden diese Schülerinnen und Schüler durch zunächst eine, dann drei und seit dem Schuljahr 2005/06, bedingt durch ein geändertes Schulprofil, von vier Kolleginnen und Kollegen unterrichtet. Einzigartig geblieben ist bis heute die gemeinsame Trägerschaft von einem privaten Verein und dem Land Baden-Württemberg.
Die nächste bedeutende Veränderung und Erweiterung des Tätigkeitsbereiches war mit dem Besuch der damaligen Staatssekretärin Frau Schultz-Hector verbunden. Herrn Professor Klosinski, ärztlicher Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie, gelang es sie davon zu überzeugen, dass für diejenigen jugendlichen Patienten, die ihre allgemeine Schulpflicht erfüllt haben und nicht auf weiterführende Schulen gehen, oder die auf weiterführenden Schulen gescheitert sind, dringend berufsvorbereitende schulische Angebote erforderlich seien.
So wurde ab August 1991 an der Schulstelle der Kinder- und Jugendpsychiatrie das Berufsvorbereitungsjahr im Bereich Holz und Metall in Zusammenarbeit mit der Gewerblichen Schule Tübingen eingerichtet. Die Schülerinnen und Schüler erfüllen hier ihre Berufsschulpflicht und können als Ergänzungsprüfung den Hauptschulabschluss erwerben.
Bis zum Jahr 2001 vergrößerte sich die Zahl der Lehrkräfte in Voll- und Teilzeit auf 16, im März des Jahres trat der jetzige Schulleiter Sonderschulrektor Max Leutner die Nachfolge von Herrn Kurz an.
Im September 2003 kam mit der Eröffnung der Tagesklinik der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine weitere Schulstelle hinzu.
Seit September 2004 ist außerdem eine Kollegin an das Steinenberg-Klinikum nach Reutlingen abgeordnet, das zu diesem Zeitpunkt zwar nicht zur Schule für Kranke Tübingen gehörte, aber unterrichtlich von hier aus versorgt wurde.
Dies änderte sich mit dem Schuljahr 2011/12, als die Schulstelle Reutlingen vom Kultusministerium offiziell zur Außenstelle der Schule für Kranke Tübingen erklärt wurde. Nun unterrichten hier zwei Kolleginnen und der Ausbau der psychosomatischen Abteilung in der Kinderklinik Reutlingen schreitet fort.
Zur Klinikschule Tübingen gehören jetzt acht Schulstellen, darunter zwei Außenstellen und bis zu 30 Lehrkräfte.